Mittwoch, 7. Oktober 2009

Wenn der Herbst beginnt


Wenn einmal der Sommer geht,

und der Herbst beginnt.

Wenn der Wind von Norden weht,

welk die Blumen sind.

Wenn in Bäumen reich und hold,

sich ein jedes Blatt,

mal in gelb, mal rot, mal gold’,

hübsch verwandelt hat.

Wenn die Schwalbe und der Star

in den Süden fliegt

und des Nebels Silberhaar

auf den Feldern liegt.

Wenn an Büschen und an Strauch,

wo es weiß geblüht,

Schlehdorn, Hagebutt’ und auch

der Liguster glüht.

Wenn der Bach libellenleer

ist, der einst belebt

und kein kleiner Falter mehr

durch die Wiesen schwebt.

Wenn im milden Lichterglanz,

leis’ und schön verziert,

man den Spinnenfädentanz

wieder uraufführt.

Wenn der Herbstmond leichenbleich,

in manch Schauernacht,

schummrig im Gewölk das Reich

Thanatos bewacht.

Wenn der Wein, so süß und hehr,

aus den Trauben fließt

und zu Dionysos Ehr’

in die Becher gießt.

Wenn die Sonne tiefer steht,

Tage kürzer sind,

wenn der Wind das Laub verweht,

wenn einmal der Sommer geht

und der Herbst beginnt.

Mittwoch, 23. September 2009

Das Weinbergschneckengedicht



In der grünen Weinberghecke,

draußen vor der großen Stadt,

lebte eine Weinbergschnecke,

hinter einem Heckenblatt.

Eines Tages sprach die Schnecke:

„Einmal möchte ich hinaus,

in die große Stadt marschieren.“

Und so kroch sie aus dem Haus.

Es vergingen Stund’ um Stunden,

Tage, eine Woche gar,

doch die Stadt, sie schien verschwunden,

weil sie nicht zu finden war.

Endlich sah sie an der Ecke,

irgendwo auf weiter Flur,

eine andre Weinbergschnecke

und die sprach und lachte nur:

„Ha, bei diesem Schneckentempo

kommst du niemals in die Stadt.“

Und so kroch sie wieder heimwärts,

hinters Weinbergheckenblatt.

Donnerstag, 11. Juni 2009

Dienstag, 9. Juni 2009

Fünf Spinnen



Unter der Brücke

da hausen fünf Spinnen,

sie grausen und sinnen

nach dir - grade du!?

Unter der Brücke

da wohnen fünf Spinnen,

gar fleischige Spinnen

und komm’n auf dich zu.

***

Du bist ganz alleine

und spürst vierzig Beine

auf nackiger Haut.

Du kannst dich nicht wehren,

man kann dich nicht hören,

dein Wimmern wird laut.

Und duldest dein Schweigen,

die Spinnen besteigen

die Schulter und auch

die Arme, den Rücken,

sie kitzeln und zicken

an Nacken und Bauch.

***

Du kannst nicht entrinnen,

die Spinnen, sie spinnen

ein Netz und dich ein.

Und in jener Traumnacht

träumst du voller Andacht

von Spinnengebein.

Donnerstag, 28. Mai 2009

Anneliese


Zog einst Anneliese durch Wald, über Flur,

durchkämmte die Wiese, genoss die Natur.

Sie zupfte Bocksbarte und Veilchen in blau,

die hübsche Wegwarte und Wiesen-Pippau.

Sie brach Maienglöckchen, Storchschnäbel am Rand,

(es wehte ihr Röckchen ins Wildblumenland),

und Zittergras pflückte, damit es kredenzt,

den Klatschmohn sich knickte, was ordentlich glänzt.

Lustwandelnd ein Bürschlein, mit Bündel und Hut,

er naschte ein Kirschlein, das schmeckte ihm gut

und sah sie beim Pflücken, kam um den Verstand

und nahm mit Entzücken, sie fest an die Hand.

Sie hüpfelten beide durchs Wildblumenfeld,

umarmten voll Freude, ja, sich und die Welt.

Ein Bänklein im Schatten beim alten Birnbaum,

welch’ Scheue sie hatten und sinnlichen Traum.

Das Bürschlein verlangte jäh Liebe und Treu,

dem Lieschen es bangte, sie sei doch so neu!

„Ein Küsschen in Ehren, so ganz ohne Grund,

wirst du wohl entbehren“, und spitzte den Mund.

Rasch ging Anneliese errötet hinfort,

zurück auf die Wiese und brach im Akkord.

Rund hundert Versfüße! – Die Kurzfassung ist:

Wenn Anne ihn ließe, hätt’ er sie geküsst!

Donnerstag, 21. Mai 2009

Im Bann des Schwans


Erhaben unter grünen Tannengipfeln,

vorübergleitend um das Rund des Sees,

schwimmt weißes Gold, aus Schatten jener Wipfeln

heraus – und dort im Lichte schimmert es.


Und treibt voran gemächlich wie ein Kahn,

das Haupt in Tiefen tauchend hin und wieder;

Idyllisch lautlos kreist es seine Bahn,

um dann mit blankem, rauschendem Gefieder


gewaltig und von purer Eleganz,

verzaubernd und durch jene Pracht gebannt,

emporzusteh’n, wie kurz vor einem Tanz,

den Leib gestreckt, die Flügel weit gespannt.

Dienstag, 19. Mai 2009

Maimohn


Seh’ einen weißen Wolkenbausch

am blauen Morgenhimmel steh’n.

Die Amseln schlagen munter und ich lausch’

dem warmen Maiwind im Vorübergeh’n,

wie er die Gräser neigt und sie zu Wellen formt,

in Sommerlinden huscht, sich raschelnd dreht

und über bunte Blumenwiesen weht.


Blüht wilder Mohn so rot wie Glut

auf Feldern und am Wegesrand.

Der Kuckuck ruft, ich träume und es tut

so gut zu sehn wie er das weite Land,

die Fluren ziert in farbenfroher Pracht,

auf wundersamste Art die Frühlingswelt

mit seinem Blütenblätterlicht erhellt.